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BELLA Talks mit Lilli Belle über Primeln, Hoffnung und Libellen

Sonntag, 23. November 2025

Interview von Luzie Kasnitz und Laura Klemm

Bella Talks Lilli Belle Interview


Wir sitzen im Café Gottlob, dem place to be in Berlin-Schöneberg. Lilli Belle, mit der wir heute sprechen, ist immer hier. Luzie hatte vor Corona eine Phase, wo sie auch immer hier war, und Lauri war auch schon hier (aber nicht ganz so oft). Gut möglich also, dass wir Lilli Belle in der Vergangenheit im Café Gottlob über den Weg gelaufen sind. Es ist der 07.11.2025, es sind-


Okay, wir müssen noch sagen, wie viel Grad es sind.


Echt, warum?


Wir haben das irgendwie angefangen. Also, das drucken wir dann. Wir sind in Berlin, im Café… wie heißt das nochmal? [Lauri]


Gottlob.


Gottlob. Es sind zwölf Grad. Wir sitzen hier mit Lilli Belle.


Juhu.


Hallo! Wir haben dich schon gefragt, wohin du in den Urlaub gehst. Wir haben noch nicht gefragt, wie dein Tag war. Wie war dein Tag?


Ich hatte heute keine Uni, habe ich beschlossen. Ich habe ausgeschlafen. Und dann habe ich eine Schlafmaske gekauft und ganz viel Zink für mein Immunsystem.


Du warst erst auf Tour, mit Nils Keppel, den wir vor kurzem interviewt haben. Wie war das denn?


Ach, das war so schön. Das war das erste Mal für mich und wirklich richtig besonders. Nils hatte so einen Aufruf in seiner Story gemacht, kann jemand dann und dann für mich Keys spielen? Dann war ich so, ja. Es war auch so schön, nicht so viel Verantwortung zu haben, sich einfach so in den Bus zu setzen und einfach zu gucken, was passiert. Ich war richtig beseelt. Vor allem Paris und Amsterdam sind halt auch mega schöne Städte. Mein Bruder hat länger in Paris gewohnt, das ist immer ein ganz besonderes Gefühl, wenn ich da bin, ich habe dann auch viel an ihn gedacht. Amsterdam war auch richtig cool. Wir haben viele coole Leute kennengelernt. Und dann, ich muss sagen, am schönsten war eigentlich die Fahrt von Amsterdam nach Leipzig.


Oha.


Wir sind in einem großen Bus gefahren und haben über das ganze Equipment im Kofferraum eine Decke gelegt, als die Sonne unterging. Da konnte man sich so hinkuscheln und aus dem Fenster gucken. Dann ging der Mond irgendwann auf. Wir haben so tolle Lieder gehört, weil wir auch alle den gleichen Musikgeschmack haben. Oben gab es ein Dachfenster, wo man so den Kopf rausstecken konnte. Ich hatte so voll meinen Perks of Being a Wallflower Moment. Das war so schön. Ich habe voll oft gedacht, es gibt so viele Momente, die irgendwann so alltäglich werden. Man müsste wieder 16 sein und nicht so viel erlebt haben und dann wieder richtig staunen können. Ich habe dieses Gefühl vermisst. Es kam dann in diesem Moment voll wieder. Mit Leuten, die Bock haben, einfach Musik zu machen. Und alle verstehen sich gut. Das war richtig schön.


Ich möchte auch mehr Filmmomente. [Luzie] Ich möchte auch mehr Filmmomente. [Lauri]


Ich dachte, die Autofahrten werden das Langweiligste. Aber es war wirklich das Schönste. Man konnte sich im Auto auch auf den Bauch legen und vorne rausgucken. Als würde man fliegen.


Wie ist das so entstanden?


Alles?


Ja, irgendwie schon.


Ich habe schon vor Jahren angefangen, auf SoundCloud Musik hochzuladen. Über Edwin Rosen habe ich Flawless Issues entdeckt und mit ihm geschrieben. Der hatte dann Nils Keppel in der Story, dann haben wir angefangen ganz viel zu schreiben. Nils hat mein SoundCloud entdeckt und das richtig gefeiert. Das ist vier Jahre her. Er hatte dann eine Beach-House-Karte für Berlin übrig, da habe ich ihn das erste Mal gesehen, in Berlin. Über Bumble habe ich dann Traumatin kennengelernt und wir haben in einer Bar den Barkeeper die ganze Zeit genervt und uns Songs gezeigt. Da habe ich ihm auch meine SoundCloud-Songs gezeigt. Dann stelle sich heraus, dass ein Freund ihm schon mal meine Musik gezeigt hat. Wir haben uns angefreundet und ich war bei ihm Support. So habe ich Dennis Borger kennengelernt, der auch mit Nils gearbeitet hat, und dann habe ich mir Mut angetrunken und ihn angequatscht. Wir haben dann zusammen Klein Maria gemacht. So habe ich mich reingewuselt in die NNDW-Szene. Ich hätte das auch alles runterbrechen können: Durch Leute, durch Leute ist das entstanden.


Nein, das ist die viel bessere Geschichte. Das ist auch das Aufregende bei Musik, dass es etwas Gemeinschaftliches ist.


Dass es einfach eine Bubble ist, das ist irgendwie schön, dass da kein Label regiert, das dann sagt, mach du mal was mit dem. Sondern dass Künstler*innen einfach so regieren.


Eine Anarchie.


Und alle gehen so aufeinander ab. Alle haben sich lieb.


Also würdest du dich in der NNDW-Szene verorten?


Ich habe das Gefühl, da ist alles entstanden. Und von da kenne ich ganz viele Leute. Aber ich weiß auch gar nicht… Die Musik, die ich mache, ist nicht typisch NNDW. Ich würde mich rein musikalisch eher bei Dream-Pop, Folk und ein bisschen Shoegaze verorten. Ich glaube, das ist gefährlich, wenn man sich auf ein Genre versteift. Ich glaube, das ist nur sinnvoll, wenn man wirklich groß werden möchte. Aber wenn man sagt, ich muss nur das machen, dann geht viel verloren.

[Aus irgendeinem Grund schweifen wir komplett ab und erzählen Lilli Belle irgendwann eine Anekdote von einer schrecklichen Zugfahrt von Hannover nach Stuttgart.]


…und dann war Luzie so, alles Gute ist ab jetzt vorbei. [Lauri] Das hat gestimmt. Es ging auch bergab ab da. [Luzie]


Oh mein Gott, geil. Wie war der Satz? Ich will mir den aufschreiben.


Alles Gute ist vorbei. [Luzie] Ab jetzt vorbei, oder? [Lauri] Ich sage immer nur noch, alles Gute ist vorbei. [Luzie]


Direkt neuen Song inspiriert.


[Lilli Belle öffnet die Notizen-App auf ihrem Handy und tippt. Alle lachen.]


Hey, das ist jetzt eine mega gute Überleitung. Wo nimmst du deine Inspiration her?


Sehr gute Überleitung. Ihr seid on fire. Ich glaube, es sind nicht Texte an sich, die mich inspirieren, sondern es ist ein Grundgefühl. Ich höre richtig gerne Element of Crime und Hildegard Knef. Ich finde, Element of Crime hat so eine richtig schöne Straßenfeststimmung. Ich habe Element of Crime das erste Mal wirklich auf einem Straßenfest gehört. Manchmal sind es auch Sätze, die einfach so nebenbei gesagt werden. Ich habe eine neue Songidee, den Song gibt es noch nicht. Ich möchte immer nach Hamburg ziehen, weil ich den Norden vermisse. Wenn ich schon reinfahre nach Hamburg, dann fange ich an zu heulen, weil ich mich so freue. Und dann meinte ich zu einem Kumpel, mit dem ich darüber geredet habe, dieser Weg dahin ist so schön, und wenn die Brücken kommen, dann ist es geil. „Und wenn die Brücken kommen.“ Den Satz habe ich mir direkt aufgeschrieben. Manchmal sind es solche Sätze. Manchmal habe ich auch wieder so dumme Gedanken. Da merke ich auch, wie wichtig es ist, dass man sich langweilt. Aus Langeweile entsteht so viel, man hört sich endlich mal wieder selbst zu. Alle verträumten Elemente sprechen auch total zu mir. Weil ich auch immer total verträumt bin.


Wie kommt der Text in die Melodie? Wie hängen Text und Melodie zusammen?


Als ich angefangen habe, habe ich erst einen ganzen Song geschrieben, also die Worte, mir dann die Melodie ausgedacht oder die Akkorde. Ich habe gemerkt, dass das zu verkopft für mich ist, ich höre es auch voll raus, dass es einfach sehr verkopft war.
Ich schreibe bald auch eine Hausarbeit darüber, wie ein Song entsteht bei mir, und habe mir dafür überlegt, was sind die Schritte, wie ist das so? Okay, du musst dich erst mal unglücklich verlieben, du musst wahnsinnig werden. Und dieses Gefühl muss so doll sein, dass dein Körper es nicht mehr ertragen kann und du irgendwas daraus machen musst.
Ich habe dann mir so eine Methode angewöhnt, na ja, Methode, ich lege mich ins Bett mit der Gitarre.


Naja, das ist auch eine Methode.


Also, mir ist langweilig oder ich habe so eine Grundstimmung und dann dämmert es und dann bin ich so, okay, es ist Zeit. Ich kann überhaupt keine Gitarre spielen übrigens, ich verstimme meine Gitarre immer so, dass es cool klingt, und dann drücke ich irgendwas, so, ah, okay, okay. Darauf schreibe ich dann etwas, ich summe ein bisschen, dann kommen die ersten Worte.
Dunkelblau, zum Beispiel, da war ich unglücklich verliebt. Da wusste ich, der Song darf nicht langsam anfangen und sich steigern, der muss direkt reinknallen. Manchmal höre ich auch Songs, wo ich weiß, dass das bei mir ähnlich klingen soll. Es gibt eine richtig gute Songwriterin, Molly Payton, sie ist wirklich eine sehr, sehr große Inspiration. Ich klaue nicht, aber ich lasse mich inspirieren. Manchmal, wenn ich eine Schreibkrise habe, gucke ich mir ihr Insta an, sie postet Song-Entwürfe. Es ist super spannend, in ihren Prozess mitgenommen zu werden.


Wie entscheidest oder kuratierst du, was du teilst? Du hast ja sehr viele Texte, die einfach sehr tief gehen. Guckst du am Ende nochmal, ob das zu nahe geht?


Ich bin ein offenes Buch. Ich möchte zu 100% mit einem Song rausbringen, was ich gefühlt habe. Es ist einfach so, dass die Verarbeitung von einem Gefühl im Vordergrund steht und nicht, wie es ankommt.


Kannst du das ausblenden?


Ich blende das sowieso aus. Ich finde das immer ganz weird, dass ich gehört werde. Für mich kommt es nicht darauf an, dass es Leute gibt, die wissen, was ich mache, und sich damit auseinandersetzen. Deswegen denke ich da nicht drüber nach. Bei Kiezkultur in Hannover habe ich Klein Maria gesungen, und dann habe ich gesehen, dass jemand mitgesungen hat. Das war absurd. Und sehr schön auch. Ich bin immer noch so, boah, krass, es gibt wirklich Leute, die sich das anhören. Aber das Schreiben ist wie Tagebuchschreiben.
Ich hatte mal nach einem Heartbreak einen Song auf SoundCloud gepostet, weil, ich konnte das nicht für mich behalten, ich musste es irgendwie fertig und draußen haben, ich wollte damit nichts mehr zu tun haben. Mein, ich nenne ihn Hamburger Herzensbrecher, hat sich das irgendwann angehört und fand das nicht so lustig. Er hat nicht verstanden, dass es nicht darum ging, dass er das hört und dass andere das hören, sondern einfach darum, dass ich es aus meinem Kopf raushabe.


Du hast ja einen Song, Freunde sein, mit Urbannino zusammen gemacht, und deinen Teil hast du Magnus, deinem besten Freund, gewidmet.


Magnus ist übrigens Fan von euch, von eurem Magazin.


Oh, toll! Wir lieben Fans. Passiert das öfter, das Widmen?


Das ist so passiert, Flo [Urbannino] und ich haben uns kennengelernt, und er hat mich dann gefragt, ob ich Lust hätte, etwas mit ihm zu machen, ein Liebeslied. Und ich war so, ich habe gerade niemanden am Start, und dann habe ich an freundschaftliche Liebe gedacht. Ich hatte schon oft darüber nachgedacht, einen Song über die Liebe zu meinen Leuten zu schreiben. Mir fällt immer wieder auf, wie wichtig freundschaftliche Liebe ist. Ich weiß nicht, ob ich jemals romantisch wirklich geliebt habe, ich habe romantisch gefühlt, aber das, was ich für meine Familie und meine Freunde fühle, ist, ich weiß auch nicht… Deswegen finde ich es auch so schade, dass ich dann einfach verschwinde und wahnsinnig werde, wenn ich dann mal einen Crush habe. Aber es ist gut für die Musik auf jeden Fall.


Lass uns über Primeln sprechen. Du hast den Song vor über drei Jahren auf SoundCloud hochgeladen. Hat sich über die Jahre etwas daran verändert?


Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich den überhaupt produzieren lassen möchte, weil der so roh und stimmig war, und irgendwie ist das so mein SoundCloud-Hit, mein Baby, ich wusste nicht, ob ich den nochmal anrühren will. Das ist meine Anfangs-Zeit gewesen. Dann habe ich mich mit Fritz zusammengesetzt. Er ist noch nicht fertig gemixt, aber wir wollen ihn jetzt dieses Jahr noch rausbringen, so als Motivation, den Winter zu überstehen.


Wie ist der Text zu Primeln entstanden?


Es fing wieder mit einem random Satz an. „Der Mann, der neben den Primeln schläft.“ Ich glaube, das war wieder so ein Moment der Langeweile. Ich bin total stolz auf diesen Song. Mir ist Bildsprache sehr wichtig, ich will nicht einfach singen, du hast mich verlassen, und mir ging es auch um ein Wiederaufleben, nachdem es einem schlecht ging. In diesem Fall war es auch wieder ein Heartbreak, das kennt man ja, dieses Bild, und ich habe mich gefragt, was kommt danach, was passiert dann mit dem Herz? Da wächst dann eine neue Saat, habe ich gedacht, es geht auch um eine kleine Message, so, es wird viel schöner danach! Und es ist eben nicht nur im Text, dass etwas nach dem Heartbreak entsteht, sondern auch in echt. Da ist ein Song dabei rausgekommen.
Ich habe ja von dieser Grundstimmung erzählt, aus der meine Songs entstehen. Und dann versuche ich irgendwie, Worte zu finden. Ich bin eher ein Bauchmensch. Ich grübel zwar, aber mit dem Bauch. Ich bin Bauchgrüblerin.


[Lilli Belle überlegt.]


Nachdenkliche Stille.


Wir können das in eckige Klammern machen. Nachdenkliche Stille.


Macht das bitte.


[Nachdenkliche Stille.]


Wie schlage ich mich gerade?


Richtig gut. Wie schlagen wir uns?


Auch gut!


Vielleicht sind dadurch deine Songs einfach sehr zeitlos.


Oh, danke! Mein Vater, der mich auch immer sehr mit seinen Texten und Gedanken inspiriert, sagt immer, wenn du dich verloren hast, dann suche da, wo du dich zuletzt gesehen hast. Und dann denke ich oft wieder an mich als Kind. Ich war so neugierig damals und mutig. Ich heiße ja Lilli Belle, wie die Libelle, das Tier. Die Libelle fliegt immer einfach auf Leute zu, und manchen ist das zu viel, aber manche mögen das auch.


[Luzie zeigt ihr Libellen-Tattoo.]


Oh mein Gott, wie schön, geil. Hast du noch die Blaupause?


Ich [Lauri] habe super viele Assoziationen mit Primeln. Primeln sind oft auf Gräbern, oder in Blumenkästen, oder man bringt Primeln mit, wenn man Blumen in einem Topf mitbringen will.


Ich finde das irgendwie superschön. Ich mag auch einfach das Wort Primeln. Primeln, ich weiß nicht, das klingt irgendwie süß, ein bisschen wie aus einem Kinderbuch. Das ist auch die Stimmung, die ich habe. Ich mache auch kleine Illustrationen. Mir ist Süßheit ganz wichtig. Nicht nur immer traurig, sondern auch süß. Zeitlosigkeit ist mir auch sehr wichtig, deswegen höre ich so gerne Element of Crime oder Hildegard Knef. Wenn jemand fragen würde, was ist deine Lieblingsblume – alle wollen immer die Rose, niemand würde Primeln sagen. Das mag ich auch, dieses Unscheinbare. Obwohl, wie du sagst, du damit voll viel verbindest. Das ist immer so schön, in allem steckt immer so ein kleiner Reminder.


Du hast gerade erwähnt, dass du Illustrationen machst, dann sind die Cover-Artworks wahrscheinlich von dir, oder? Siehst du das so als Gesamtding?


Schon. Es liegt auch daran, dass ich nicht so viele Leute kenne, die Fotos machen. Oft war es so auf den letzten Drücker, fuck, ich muss das Cover noch machen und komme nicht dazu, eine Fotosession zu machen. Ich zeichne schon mein ganzes Leben lang. Ich habe mich am Anfang gefragt, was mein Image ist, jetzt kann ich mir ausdenken, wer ich bin. Ich bin die ganze Zeit am Yappen und so die gute Freundin und Schwester und so, die zeigt, was in ihr vorgeht, aber dabei immer noch lustig ist. So, it’s not that deep. Ich wollte, dass bei dem ganzen Traurigen noch ein bisschen Spaß dabei ist und eben Süßigkeit. Und dass es noch eine kleine persönliche Note hat. Ich war auch kurz davor, meine ganzen SoundCloud-Songs einfach auf Spotify zu packen. Aber vielleicht ist SoundCloud noch eine kleine Schatzkugel meiner Anfänge für mich.


Hörst du dir manchmal deine alten Songs an?


Ja, schon manchmal. Zum Beispiel Uwe. Das ist ein Song, da war ich richtig heartbroken. Da saß ich wirklich heulend am Klavier und habe in die Tasten gehauen. Das ist irgendwie jetzt voll schön so. So, du wirst schon sehen, denke ich mir jetzt. Es ist schön, Beweise zu haben, dass ich wahnsinnig geworden bin und dann den Beweis zu haben, dass alles gut geworden ist.


Wie so ein Archiv.


Ja, ich glaube schon, ja. Das ist echt nett.


Nett ist ein mega lustiges Wort.
Wir haben jetzt ein bisschen über
Primeln gesprochen, aber du hattest noch einen anderen Text geschickt. Wir fanden drei Wörter sehr, sehr toll. Pistazienknacker, Scharfschütze, Chaoshinterlasser. Wie bist du auf diese Wörter gekommen?


Also. Der Hamburger Herzensbrecher.


[Alle lachen.]


An dem Tag nach dem Heartbreak war ich so, ich brauche sofort Output, ich muss irgendwas machen. Er saß währenddessen an meinem Schreibtisch und hat Uni gemacht. Ich habe dann ein paar Gitarrenspuren aufgenommen und im Hintergrund, wir hatten so Pistazien da, hört man in der Aufnahme, wie er die Pistazien knackt. Ich war dann so, „wow, Pistazienknacker“. Irgendwie habe ich da dann die Metapher gesehen, er hat ja irgendwie auch mein Herz geknackt. Dann habe ich nach Reimen gesucht und überlegt und dann kam ich auf Chaoshinterlasser. Er ist dann eben weggefahren und hat das Chaos hinterlassen. Und ich bin quasi am Tatort schlafen gegangen.


Das ist wirklich aua.


Ja, er hat das Chaos hinterlassen. Ich war so, „Pistazienknacker, Chaoshinterlasser. Wie geht’s dir? Hier spricht die Leidende“. Ich war so, I’m gonna call him names now. So, „hey, Scharfschütze meiner Stirnküsse“.


Warum hast du dich dafür entschieden, mit uns heute vor allem über Primeln zu reden?


Ich könnte die ganze Zeit über Heartbreaks reden. Aber ich finde, es gibt wichtigere Dinge. Nämlich das Aufblühen danach. Ich wollte so ein bisschen Hoffnung reinhauen.


Möchtest du uns noch deine Lieblingszeile of all times verraten?


Okay, ich habe gerade einen Ohrwurm, deswegen sage ich jetzt das. Ich liebe nämlich so simple Zeilen, wo ganz viel drinsteckt. Und zwar von Hildegard Knef, Eisblumen. Da zählt sie die ganze Zeit Sachen auf. „Der Hut meiner Mutter im Kleiderschrank, Geruch von Kaffee im Flur.“ So ganz spezifische Sachen. Und dann der Chorus ist immer so, „nichts geht verloren, die Angst nicht, der Zorn, die Kraft von vor langer Zeit“. Und dann, „die Größe der Hoffnung verlässt uns, zieht weiter, aber verloren geht sie nicht“. Das finde ich irgendwie richtig schön, dieses „Nichts geht verloren“. Vorhin, als ich hierher auf dem Weg war, habe ich einen Geruch gerochen, der mich an irgendeinen Herbst erinnert hat, ich weiß nicht, welcher Herbst es war und was so passiert ist, aber irgendwas ist da. Man hat immer wieder Zugang zu Erinnerungen. Das fand ich auch so schön, nach der Tour mit Nils [Keppel] zu wissen, das ist jetzt in Stein gemeißelt. Nichts kann mehr verändern, was passiert ist. Gestern bleibt so unversehrt. Morgen kann alles passieren, aber das habe ich jetzt.


Das ist wirklich schön.


[Alle lachen.]


Wir haben jetzt oft gelacht. Wir müssen vielleicht ein paar Synonyme finden.


Alle kichern. Alle gackern.


Alle schmunzeln.
Dann danke für das Interview, Lilli Belle!


Danke für das Interview.



Release der BELLA triste #73 am 05.12.2025.
Save the date: Release-Party, Garage Ost, Leipzig, 11.12.2025
Unter anderem mit Special Guest Lilli Belle

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